Journalistische Beitragsformen

Sie möchten im Rahmen Ihrer Schulradio-AG oder einfach im Rahmen des Unterrichts einen Radiobeitrag erstellen. Planen Sie zusammen mit den Kindern als erstes die passende Darstellungsform: Über ein Tier sollte an dem Ort berichtet werden, wo es lebt und nicht als Nacherzählung. Nur so wird der Ort für die Hörerinnen und Hörer wirklich erlebbar.

Eine Reportage beschreibt ein Ereignis zu dem Zeitpunkt, an dem es stattfindet, muss aber nicht live sein und kann auch geschnitten werden. Ein Interview stellt eine Person vor – eine prominente Person oder eine Person, die durch ihre Meinung interessant für ein gewisses Thema ist. Eine Umfrage versucht, ein aktuelles Thema so zu spiegeln, dass möglichst alle Meinungen zu diesem Thema auftauchen.

Im Folgenden finden Sie die Merkmale der gängigsten Radioformen, die sich für eine Radiosendung oder einen Audiobeitrag an Schulen am besten eignen. Zu jeder Form gibt es ein Hörbeispiel. Außerdem gibt es jeweils eine Längenempfehlung, die sich aus professionellen Längen aus dem Radio herleitet, aber nur eine Orientierung darstellen soll. Sie basiert auf Erfahrungen an Schulen. Grundsätzlich gilt: Je kürzer ein Beitrag, desto höher ist die Chance, sich beim Hören zu amüsieren!

Die einzelnen Radioformen sind:

Die Umfrage

Ihr Grundprinzip: Immer dieselbe Frage wird Menschen verschiedenen Alters, Männern und Frauen, Kindern und Jugendlichen gestellt. Eine Umfrage dient dazu, viele Stimmen und Meinungen in der Sendung zu haben. Es muss immer exakt die gleiche Frage gestellt werden, denn am Ende werden alle Antworten direkt aneinander geschnitten.

Die Frage sollte offen gestellt werden, also als W-Frage: Wer? Was? Wo? Wann? Warum? Wieso? Weshalb? Wozu? Eine Antwort mit Ja oder Nein ist also unmöglich bzw. nur bei der Einstiegsfrage möglich „Würden Sie wählen gehen? Warum? Bzw. warum nicht?“

Auf Hintergrundgeräusche von Straßen und Störgeräusche durch surrende Computer oder Neonröhren ist zu achten. Beim Zusammenschneiden der „O-Töne“ (ein O-Ton ist ein „Original-Ton“, also das, was unterwegs mit dem Mikrofon aufgenommen wurde) ist darauf zu achten, dass alle akustisch gut verständlich sind und sich inhaltlich nicht doppeln. Der zweitbeste O-Ton kommt an den Anfang, der beste an den Schluss.

Für Schulradios empfohlene Länge einer Umfrage: zwischen 30 Sekunden und 2 Minuten.

Das Interview

Hier werden einer einzigen Gesprächspartnerin oder einem einzigen Gesprächspartner verschiedene Fragen gestellt. Eine Recherche im Vorfeld ist unabdingbar, denn den Fragen merkt man an, ob der Interviewende sich auch wirklich vorher mit der Sache beschäftigt hat. Es lohnt sich, Zeit zu investieren, um eine wirklich kompetente Person für das Interview zu finden.

Recherchieren Sie mit den Kindern den Vor- und Nachnamen, die Funktion, das Alter und den Titel dieser Person. Zu wissen, wie sie aussieht, hilft auch: Man sollte eine Stadträtin oder einen Stadtrat auf dem Gang erkennen, wenn man auf dem Weg zu ihr/ihm ist.

Nach einer guten Recherche werden die Interviewfragen schriftlich vorbereitet, am besten in Stichworten. Das geht auch in ganzen Sätzen, aber dies nur zur Sicherheit, denn abgelesene, zudem holprig abgelesene, Fragen sind keine Freude fürdie Hörerinnen und Hörer. Geben Sie den Kindern das Selbstvertrauen, die Frage frei zu formulieren. Wenn sie bei der Sache sind, schaffen sie das – und sind danach unheimlich stolz darauf.

Machen Sie den Kindern Mut, nachzuhaken, wenn sie zu einem Thema mehr wissen möchten oder etwas nicht verstehen: Fremdwörter und gespreizte Sätze hört auch keine Hörerin oder Hörer gern. Wichtig ist auch, sich für ein Thema zu entscheiden. Gerne gleitet man, wie im Gespräch, ab, aber schnell sind 30 Minuten aufgenommen – und man hat viel Arbeit danach.

Wenn in dem Raum, in dem das Gespräch statt findet, ein Radio dudelt oder permanent ein Telefon klingelt: Fassen Sie den Mut zu fragen, ob man die Geräusche abstellen oder aber den Raum wechseln kann. Die Gesprächspartner(innen) haben dafür vielleicht kein Gefühl, aber immer Verständnis.

Für Schulradios empfohlene Länge eines Interviews: zwischen 2 und 5 Minuten.

Die Reportage

In dieser sehr beschreibenden Form wird ein Ereignis mit Hilfe aller Sinne geschildert: Augen, Ohren, Nase, Tast- und Geschmackssinn sollen zum Einsatz kommen. Durch die Schilderung des Reporters sollte im Kopf der Hörerin und des Hörers ein Film ablaufen: Es entsteht „Kino für die Ohren“. Die präzise Schilderung der eigenen Wahrnehmung soll diese Bilder im Kopf erzeugen.

Ein Gespräch mit dem Tierpfleger in seinem Büro ist nicht geeignet für eine Reportage über Affen, der Besuch im Affenhaus mit aller Atmosphäre und allen Geräuschen natürlich schon. Die von der Reporterin odervom Reporter erlebte Situation muss von den Zuhörenden nachempfunden werden können. Wichtig sind Geräusche, klare Beschreibungen, eine plastische Sprache, authentische Gefühle.

Vorher ist zu überlegen, was genau durch die Reportage vermittelt werden soll. Man sollte lieber einen Aspekt auswählen als zu viel zu erzählen.

Den Einstieg und das Ende der Reportage kann man sich vorher gemeinsam überlegen. Gut ist es immer, mit einem Geräusch und einer Empfindung zu beginnen. „Ich stehe hier…“ und „Zurück zu den Kollegen“ ist eher langweilig.

Die Vorbereitungszeit für eine Reportage beträgt optimalerweise 70%, die Durchführung 30% der Gesamtzeit. Eine genaue Recherche und Vorbereitung ist nötig: Wortübungen für den Ort des Geschehens sollten gemacht werden, damit dann beim spontanen Sprechen nicht die Worte fehlen. Geht die Radiogruppe in ein Affenhaus und beobachtet das frisch geborene Schimpansenbaby, muss vorher recherchiert werden, welche Fachausdrücke es gibt, die Rasse, Spezialausdrücke etc.. Welche Worte werden im Affenhaus eine Rolle spielen? Der Geruch, die Beschaffenheit der Wände, Wortalternativen für „Affe“: Tier, Wesen… Die Gefühle der Reporter(innen) dürfen eine Rolle spielen: Haben sie Angst vor der Affenmutter? „Wie könnte sich das Kleine anfühlen? Weich, struppig, wuschelig…?“ Gefühle und Empfindungen dürfen im Wechsel mit Fakten geschildert werden.

Für Schulradios empfohlene Länge einer Reportage: zwischen 2 und 5 Minuten.

Die Nachricht

Eine Nachrichtenmeldung beginnt mit der wichtigsten Aussage bzw. der wichtigsten Nachricht. Diese wird kurz zusammengefasst. Zuerst kommt der Kerninhalt, dann weitere Einzelheiten, danach die Quelle der Information, und am Ende die größeren Hintergründe und Zusammenhänge. Nachrichten enthalten keine Wertung und ihre Priorität ändert sich häufig.

Klassennachrichten

Hören Sie mit ihren Schülerinnen und Schülern gezielt Nachrichten, möglichst von einem öffentlich rechtlichen Sender. Erstellen Sie eine Kriterienliste: Wie sind Nachrichten aufgebaut und strukturiert, mit welcher Haltung werden sie verlesen?

Ein mögliches Projekt dazu: Im Kunstunterricht wird ein Holz- oder Pappkartonfernseher gebaut. Täglich oder einmal wöchentlich verlesen die Kinder die neuesten Meldungen. Sie sitzen hinter dem Monitor und berichten von den Ereignissen der vergangenen Tage. Das können ganz persönliche Nachrichten sein, aber auch Nachrichten aus aller Welt. Hier kann, eigentlich gegen die Regeln, auch die Prioritätenfolge aufgelöst werden. „Heute die Nachrichten mit Jakob aus der 4c, es ist 8 Uhr 5. Augsburg: Der neue Sportplatz unserer Schule wird voraussichtlich erst in 6 Wochen eröffnet, weil das Wetter so schlecht ist und nicht weitergebaut werden konnte. Rom: In der Hauptstadt von Italien haben Schülerinnen und Schüler eine Woche schulfrei, weil bei einem Unwetter ein Baum auf ihre Schule gefallen ist.“

Für Schulradios empfohlene Länge einer Nachricht: zwischen 2 und 5 Minuten.

Die Moderation

Die Moderation gibt der Sendung Persönlichkeit und vermittelt eine ganz spezielle Stimmung. Überlegen Sie gut, wer Moderator oder Moderatorin sein darf, denn die Moderation hat eine wichtige Aufgabe: Sie führt die Hörerinnen und Hörer durch die Sendung, gibt den Überblick, kündigt verschiedene Beiträge und ihre Autoren und Autorinnen an. Die Moderation leitet geschickt von einem zum nächsten Thema. Das Kind, das moderiert, ist Interviewer(in), Ansager(in), DJ und Stimmungsmacher(in) und muss bis zum Ende der Sendung den Überblick behalten.

Die Rolle der Moderation ist häufig die beliebteste, weil man als Moderator(in) am meisten im Rampenlicht steht. Häufig melden sich für diesen Job auch Kinder, die gerne im Mittelpunkt stehen. Es geht jedoch nie um die Person des Moderatorierenden, um seine Meinung oder gar um viele witzige Späßchen. Das moderierende Kind soll die Beiträge gut „verkaufen“ bzw. anpreisen.

Geschmack und Qualität

Sprechen Sie mit Ihren Schülerinnen und Schülern über Geschmack und Qualität. Hören Sie gemeinsam verschiedene Sender an, lauschen Sie verschiedenen Moderatoren und Moderatorinnen. Die Kinder sollen lernen, auszudrücken, warum ihnen ein Stil besser als der andere gefällt, was ihn ausmacht. Manches wird einfach „cool“ oder „uncool“ sein, aber meistens lassen sich Gründe finden, warum eine Moderation gefällt oder warum nicht: Ist er oder sie authentisch, natürlich? Nimmt er oder sie die Hörer(innen) ernst? Ist alles nur Show oder hat er/sie wirklich Spaß? Ist er/sie eine Selbstdarstellerin bzw. ein Selbstdarsteller oder in echter Interaktion mit den Hörer(innen)?

Das Hörspiel

Ein Hörspiel ist eine Komposition aus Geräuschen, Texten und Musik, Atmo und Klängen. Ein Hörspiel kann nach einer Vorlage entstehen oder nach einer selbst erfundenen Geschichte. Letzteres inspiriert Kinder und Jugendliche meist mehr, als ein altbekanntes Märchen oder eine bekannte Geschichte zu vertonen. Sie können ihre eigenen Ideen einbringen und die Ereignisse der Geschichte steuern. Meist gibt es eine Erzählerin bzw. einen Erzähler und mehrere Rollen, so dass auch viele Kinder beschäftigt werden können. Ein Hörspiel lebt von akustischen Anregungen, Überraschungen und Feinheiten.

Zur Übung: Machen Sie mit ihrer Radiogruppe eine Geräuschegeschichte: Jedes Kind bringt ein paar Dinge mit, die Geräusche machen können: Blätter, Mehl, Karton, Erbsen, Nadeln, Knöpfe, Sand, Steinchen, Krimskrams… Spielen sie damit, probieren sie herum, lassen sie sich anregen und zu einer Geschichte inspirieren. Wie kann man zum Beispiel im Sommer Schritte im Schnee darstellen? Geben Sie Mehl in ein Papiertaschentuch, knoten Sie es zu und kneten sie im Schritttempo. Zucker, der über ein Blatt Papier rieselt, hört sich an wie Regen. Entwickeln sie gemeinsam eine Geschichte mit Einführung, Höhepunkt und Happy End.

Für Schulradios empfohlene Länge eines Hörspiels: zwischen 3 und 10 Minuten.

Die Collage

Bei einer Collage werden verschiedenen Aussagen zu einem Themenkomplex durch Geräusche und Musik verbunden. Teile einer Reportage, einer Umfrage oder eines Interviews können Teil der Collage sein.

Für Schulradios empfohlene Länge einer Collage: zwischen 1 und 4 Minuten.

Comedy, Sketche und Rätsel

Beliebt sind bei Kindern vor allem Mitmachelemente im Radio und alles, worüber man lachen kann. Diese Elemente können genauso im Schulradio verwendet werden. Gespielte Witze mit klar verständlicher Pointe oder Geräuschrätsel dienen der Hörerbindung. Geräuschrätsel herzustellen macht unendlich Spaß. Sie können zu jedem Thema produziert werden und haben einen hohen Unterhaltungswert. Ein Beispiel: Das Geräusch einer Türe, die geschlossen wird, ist zu hören. Dann folgt der Text der Kinder: War das a) die Tür von Direktorin Meier, die zufällt, b) die Tür von Hausmeister Huber, die zufällt oder c) die Tür des SMV-Zimmers.

Für Schulradios empfohlene Länge einer Comedy, eines Sketches oder eines Rätsels: zwischen 1 und 4 Minuten.

Der gebaute Beitrag

Hier werden O-Töne aus Interviews oder Umfragen durch geschriebene Texte der Kinder miteinander verbunden. Komplizierte Fakten können so vereinfacht dargestellt werden. Die wichtigsten Aussagen einer Gesprächspartnerin oder eines Gesprächspartners werden als O-Ton genommen, komplexe Zusammenhänge, die Expert(inn)en häufig mit vielen Fremdwörtern formulieren, werden vereinfacht zusammengefasst und von den Kindern und Jugendlichen neu getextet und gesprochen. Ein Vorteil dieser Machart ist, dass man viele Informationen verpacken kann. Ein großer Nachteil: Es erfordert viel Textarbeit und viel Zeitaufwand, die O-Töne abzutippen (denn die Übergänge müssen stimmen) und es ist ein großer Aufwand, alles zu schneiden und zu mischen.

Es können mehrere Expert(inn)en oder Gesprächspartner(innen) zu Wort kommen. O-Ton und Text sollten in einem ausgewogenen Verhältnis stehen, von etwa 50:50 oder 60:40. Wird lediglich ein fehlender Satz getextet, sind die Hörer(innen) irritiert. Der Einsatz von Sinn gebender Musik und bebildernden Geräuschen macht in gebauten Beiträgen Sinn.

Für Schulradios empfohlene Länge eines gebauten Beitrags: zwischen 2 und 5 Minuten.

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